Stand: Juni 2024

Inkretin-Analoga in der Adipositas- und Typ-2-Diabetes-Therapie

Autor: Dr. Helga Auer-Kletzmayr Offizinapothekerin in der Fischl Apotheke Klagenfurt (A)
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Keine andere Wirkstoffgruppe hat in den letzten beiden Jahren so starke mediale Wellen geschlagen wie die GLP-1-Rezeptoragonisten (GLP-1-RA, Inkretin-Analoga). Die Erstzulassungen der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA für die heute bei Typ-2-Diabetes (T2D) verwendeten Wirkstoffe aus dieser Gruppe liegen schon einige Jahre zurück: Liraglutid – 2009 [1], Dulaglutid – 2016, Semaglutid – 2018. In den T2D-Leitlinien werden die GLP-1-RA nicht nur wegen ihrer guten blutzuckersenkenden Wirkung empfohlen, sondern auch wegen des kardiovaskulären Benefits und der Gewichtsreduktion unter Anwendung dieser Wirkstoffe. Ende 2023 wurde vor allem Semaglutid in die Sozialen Medien katapultiert, weil einige Celebrities und Influencer auf ihren Kanälen erklärten, dass sie mit Hilfe dieses Wirkstoffs in kurzer Zeit ihr Körpergewicht deutlich reduzieren konnten. Seitdem wollen weltweit Millionen Menschen diesen unter dem Handelsnamen Ozempic für T2D und als Wegovy für Adipositas zugelassenen Wirkstoff verwenden – auch solche, die weder von T2D noch Adipositas betroffen sind. Die gigantische Nachfrage hat die Lieferkapazitäten des Herstellers überfordert und grosse Verfügbarkeitsprobleme für diejenigen Patienten verursacht, die diese Medikamente dringend benötigen. Die Aufklärungsarbeit und kompetente Beratung durch die Apotheker:innen ist deshalb von grösster Bedeutung. [1]

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Definition

Die Weltgesundheitsorganisation WHO bezeichnet Adipositas als grösstes, globales, chronisches Gesundheitsproblem. Adipositas ist eine komplexe Erkrankung, die durch übermässige Fettablagerungen im Körper gekennzeichnet ist, welche die Gesundheit beeinträchtigen und die Lebensqualität der Betroffenen verringern [2]. Übergewicht und Adipositas entstehen in einem komplexen Zusammenspiel von (epi)genetischen, hormonellen, verhaltensbiologischen, psychologischen, kulturellen und sozioökonomischen Faktoren. Die Pathogenese ist meist polygenetisch [3, 4]. Übergewicht und Adipositas resultieren aus einem Ungleichgewicht zwischen Energieaufnahme und -verbrauch. Menschen mit Adipositas werden oft mit gesellschaftlichen Stigmata konfrontiert, wonach sie ihre Erkrankung durch Faulheit und Willensschwäche selbst verschulden. Diese Vorurteile sind nach heutigem Wissensstand abzulehnen, da eine Vielzahl von Faktoren die Gewichtszunahme bei betroffenen Patienten begünstigt. Adipositas hat als Krankheit einen eigenen ICD-10 Code. Übergewicht und Adipositas sind auf globaler Ebene derzeit die fünfthäufigste Todesursache [3]. Die Einteilung der Gewichtsklassen erfolgt nach der WHO über den Body-Mass-Index BMI, der als Quotient des Körpergewichts in Kilogramm dividiert durch die Körpergrösse in Meter zum Quadrat definiert ist. [2][3][4]

Tabelle 1: Gewichtsklassifikation bei Erwachsenen (nach WHO 2000) [2, 3] [2] [3]

Kategorie BMI (kg/m2) Risiko für Begleiterkrankungen
Untergewicht < 18,5 niedrig
Normalgewicht 18,5–24,9 durchschnittlich
Übergewicht ≥ 25
Präadipositas 25–29,9 gering erhöht
Adipositas Grad I 30–34,9 erhöht
Adipositas Grad II 35–39,9 hoch
Adipositas Grad III ≥ 40 sehr hoch

Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen werden auch über den BMI definiert. Da der BMI in diesen Altersgruppen aber geschlechtsabhängig ist, verwendet man die jeweiligen BMI-Referenzkurven. Übergewicht: BMI-Perzentile > 90 bis 97, Adipositas: BMI-Perzentile > 97 [5]. [5]

Neben der fehlenden Berücksichtigung von Alter und Geschlecht stösst der BMI auf Kritik, weil er nur das Körpergewicht als Indikator für die Gesundheit heranzieht und nicht zwischen Fett- und Muskelanteil unterscheidet. So können zwei Personen mit gleichem BMI eine völlig unterschiedliche Körperzusammensetzung und auch Personen mit einem BMI im Normbereich ein Problem mit übermässigem Körperfett haben [6]. Alternativ oder zusätzlich zum BMI können die Bauchumfangmessung oder andere Parameter wie das Verhältnis von Taillen- zu Hüftumfang oder jenes von Taillenumfang zu Körperlänge zur Beurteilung der Körperfettverteilung herangezogen werden [7]. Ab einem BMI von über 30 kg/m2 liegt immer eine viszerale Adipositas vor. [6][7]

Epidemiologie

Weltweit ist fast jedes Land von einem starken Anstieg des durchschnittlichen BMI betroffen. In den letzten zehn Jahren waren es aber besonders einkommensschwache Länder, die einen überdurchschnittlich schnellen Anstieg des Anteils an Erwachsenen mit Übergewicht und Adipositas verzeichneten. Top 5: Laos, Vietnam, Malediven, Thailand, Bangladesch. Durch die Zunahme von Adipositas und den damit verbundenen Folgeerkrankungen entstehen beträchtliche Kosten für das Gesundheits- und Sozialsystem. Übergewicht und Adipositas sind daher Themen von hoher Public-Health-Relevanz [8]. [8]

Tabelle 2: Globale Schätzung (2020) und prognostizierte Anzahl von Erwachsenen (2025–2035) mit hohem BMI [8] [8]

Weltweit 2020 2025 2030 2035
Erwachsene mit Übergewicht (BMI ≥ 25–30 kg/m2) 1,39 Mrd 1,52 Mrd 1,65 Mrd 1,77 Mrd
Erwachsene mit Adipositas (BMI ≥ 30 kg/m2) 0,81 Mrd 1,01 Mrd 1,25 Mrd 1,53 Mrd
Anteil an Erwachsenen mit Übergewicht und Adipositas an allen Erwachsenen 42 % 46 % 50 % 54 %

Die Allianz Adipositas Schweiz gibt folgende Zahlen an: Demnach lebten 2017 42 % der erwachsenen Schweizer Bevölkerung mit Übergewicht (ca. 3,7 Millionen Menschen mit BMI ≥ 25 kg/m2), davon hatten 11 % einen BMI von mind. 30 kg/m2 (ca. 400’000 Erwachsene). 15 % der Schweizer Kinder und Jugendlichen waren 2017 von Übergewicht oder Adipositas betroffen [9a]. Im World-Obesity-Atlas 2023 wird für die Schweiz prognostiziert, dass im Jahr 2035 37 % der erwachsenen Bevölkerung adipös sein werden. Im Vergleich dazu die Zahlen für Deutschland: 36 %, Österreich: 34 %, Italien: 31 %, Frankreich: 34 %, USA: 58 %, Grossbritannien: 46 % [8]. [8][9a][9b]

Bedeutung des Fettgewebes

Arten von Fettgewebe

Im menschlichen Körper werden zwei Arten von Fettgewebe unterschieden: Braunes Fettgewebe kommt beim Erwachsenen nur in geringem Ausmass (unter 10 %) und an wenigen Stellen vor. Es besteht aus polyvakuolären, kleintropfigen Fettzellen mit einem hohen Gehalt an Mitochondrien. Die Hauptaufgabe dieser Fettzellen ist die Thermoregulation. Weisses Fettgewebe besteht aus grossen, univakuolären Fettzellen (Adipozyten) mit wenig Mitochondrien. Hier wird Energie in Form von Lipiden gespeichert. Bei Gewichtszunahme kommt es zu einer deutlichen Hypertrophie dieser Fettzellen [10, 11]. Weisses Fettgewebe unterteilt man weiter in subkutanes Fett und Viszeralfett. Subkutanes Fett fungiert als Polsterung für Muskeln und Knochen und hat thermoregulatorische Funktionen. Es ist der Speicherort für Lipide und schützt den Körper vor einem spillover ("Überlauf") der Fette in andere Körperregionen. Viszeralfett bezeichnet das Fettgewebe in der Bauchhöhle, das die inneren Organe (Leber, Pankreas, Herz) umgibt. Das Viszeralfett wird durch die Messung des Bauchumfangs bestimmt. Er wird zwei Querfinger oberhalb der Oberkante des Beckenkamms gemessen. Ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen besteht bei einem Bauchumfang von über 80 cm bei Frauen und über 94 cm bei Männern. Ab einem Bauchumfang von 88 cm (Frauen) bzw. 102 cm (Männer) gilt das Risiko als stark erhöht [3]. [3][10][11]

Abbildung 1: Arten von Adipozyten (in Anlehnung an [82]).
Legende: A – Weisser Adipozyt; B – Brauner Adipozyt; C – Adipöses Gewebe.
Abbildung 1: Arten von Adipozyten (in Anlehnung an [82]). Legende: A – Weisser Adipozyt; B – Brauner Adipozyt; C – Adipöses Gewebe. [82]
Viszerales (ektopes) Fettgewebe

Viszeralfett hat eine hohe hormonelle Aktivität und sezerniert eine Vielzahl von Botenstoffen (Adipokinen). Dabei handelt es sich um eine heterogene Gruppe von Verbindungen, die verschiedene Prozesse wie den Lipid- und Glukosestoffwechsel, das Hunger- und Sättigungsgefühl und Entzündungsprozesse beeinflussen. Beispiele für Adipokine sind: Adiponektin, Leptin, Interleukin-6, TNF-α. Bei schlanken und adipösen Personen werden vom Fettgewebe unterschiedliche Mengen dieser Adipokine produziert. Das Viszeralfett steht im Zusammenhang mit der Entwicklung des metabolischen Syndroms, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. Das Risiko für Atherosklerose und vorzeitige Mortalität ist selbst bei normalem BMI erhöht, wenn viel viszerales Fett vorhanden ist [12, 13]. [12][13]

Folgen und Komorbiditäten der Adipositas

Adipositas steht mit über 200 Komplikationen in Verbindung, wie z. B.:

  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen: arterielle Hypertonie, Herzinsuffizienz, ischämische Schlaganfälle
  • Orthopädische Komplikationen: Muskel-, Gelenkerkrankungen
  • Obstruktive Schlafapnoe
  • Metabolisches Syndrom: Stoffwechsel-bedingte Fettlebererkrankung (MAFLD), Insulinresistenz, T2D, Dyslipidämie
  • Polyzystisches Ovarialsyndrom, Unfruchtbarkeit
  • Onkologische Erkrankungen: Brust, Ovar, Endometrium, Kolon, Ösophagus, Magen, Pankreas, Niere, Gallenblase, Schilddrüse
  • Gastroösophageale Refluxerkrankung
  • Belastungsinkontinenz
  • Psychische Erkrankungen: Depressionen, Angststörungen, Autoaggression, Essstörungen wie binge-eating

Ein BMI von über 30 kg/m2 steht immer in engem Zusammenhang mit einer verringerten Lebenserwartung [14, 15]. [14][15]

Genetische Aspekte der Adipositas

Adipositas ist eine Folge von zu grosser Energiezufuhr bei zu geringem Energieverbrauch. Warum essen aber adipöse Personen mehr als andere? Genetische Studien bei Mäusen und Menschen haben eine Reihe von Signalwegen innerhalb des Gehirns aufgedeckt, die eine Schlüsselrolle bei der Kontrolle der Nahrungsaufnahme spielen. Monogene Formen der Adipositas sind eher selten und führen bei den Betroffenen zu unstillbarem Hunger (Hyperphagie). Sie liefern Erklärungen, wie das Gehirn die Nahrungsaufnahme kontrolliert [4, 16]. Ein Hormon, das bei diesem Prozess eine wichtige Rolle spielt, ist Leptin. Es wird von den Adipozyten des Fettgewebes produziert und signalisiert über den Leptin-Rezeptor den Proopiomelanocortin (POMC)-Neuronen des Hypothalamus, wie viel Fett im Körper gespeichert ist. Kleine Fragmente von POMC – die Melanocortin-Peptide – werden freigesetzt, wirken über den MC4-Rezeptor und beeinflussen so die Nahrungsaufnahme (Leptin-Melanocortin-Weg). Mutationen im MC4R-Gen, im Leptin-Rezeptor und im POMC- Bereich führen zu einer gesteigerten Nahrungsaufnahme [4, 16, 19]. [4][16][19]

Abbildung 2: Leptin-Melanocortin-Weg: Genetische Störungen der Komponenten dieses Weges führen zu Hyperphagie und Adipositas (nach [16]). Die Abbildung fasst die Situation im Hypothalamus zusammen.
Legende: MC4R – MC4-Rezeptor; POMC – Proopiomelanocortin-Neuronen; X – Störung führt zu Adipositas (Mensch, Maus).
Abbildung 2: Leptin-Melanocortin-Weg: Genetische Störungen der Komponenten dieses Weges führen zu Hyperphagie und Adipositas (nach [16]). Die Abbildung fasst die Situation im Hypothalamus zusammen. Legende: MC4R – MC4-Rezeptor; POMC – Proopiomelanocortin-Neuronen; X – Störung führt zu Adipositas (Mensch, Maus). [16]

Die meisten Adipositas-Fälle haben jedoch polygenetische Ursachen mit vielen Varianten, die einzeln fast unmerkliche Effekte haben. Genomweite Assoziationsstudien (GWAS) haben bisher über 100 verschiedene Gene aufgedeckt, die den BMI beeinflussen. Die meisten Genvarianten davon haben ihre Funktion im ZNS [4, 16, 17, 18, 19]. Die Kontrolle über das Essverhalten ist daher keine Frage der Willensstärke, sondern liegt evolutionsbedingt in unseren Genen im Gehirn. Der Drang, Nahrung zu sich zu nehmen, ist einer der primitivsten Lebensinstinkte. Überfluss an Nahrung und ein Mangel an täglicher Bewegung sind erst Probleme der letzten zwei bis drei Jahrzehnte der Menschheitsgeschichte [19]. [4][16][17][18][19]

Therapieempfehlungen bei Adipositas

Adipositas ist eine eigenständige und komplexe chronische Erkrankung mit "Gate-Keeper-Funktion" für weitere Erkrankungen und ist multidisziplinär durch qualifizierte Fachkräfte zu behandeln. Übergeordnete Ziele der Behandlung sind die Verbesserung des Gesundheitszustandes und der Lebensqualität, sowie die Prävention gewichtsassoziierter Erkrankungen. Therapieziele sind individualisiert und realistisch zu setzen [3]. [3]

Basistherapie

Zur Basistherapie der Adipositasbehandlung gehören drei Säulen: Ernährungstherapie, Bewegungstherapie und Verhaltenstherapie. Therapieziel ist ein Gewichtsverlust von 5 bis 10 % des Ausgangsgewichts innerhalb von 6 Monaten [3]. [3]

Ernährungstherapie

Vor Therapiebeginn werden die bisherigen Essgewohnheiten mit Hilfe eines Ernährungsprotokolls erfasst. Voraussetzung für die Gewichtsreduktion ist eine negative Energiebilanz bezogen auf den aktuellen Energiebedarf. Empfohlen ist ein Energiedefizit von 500 kcal pro Tag und ein Gewichtsverlust von 0,5 kg pro Woche. Eine Reduktion der aktuellen Energiezufuhr um 15 bis 30 % ist anzustreben [3, 20]. Das erfordert die Beschränkung der Portionsgrössen pro Mahlzeit, die Verwendung weniger energiedichter Nahrungsmittel mit höherem Ballaststoffanteil bei verringertem Gehalt an Fett und Kohlenhydraten. Diese Vorgaben können z. B. im Rahmen der mediterranen Ernährungsweise umgesetzt werden [21]. Wichtig für eine erfolgreiche Gewichtsreduktion ist die dauerhafte Akzeptanz und Umsetzbarkeit der gewählten Diät für den Patienten [22, 23, 24]. [3][20][21][22][23][24]

Bewegungstherapie

Körperliche Aktivität unterstützt die Negativierung der Energiebilanz durch die Energie, die für Muskelarbeit aufgewendet wird, und durch Steigerung des Grundumsatzes. Vermehrte Alltagsaktivität steigert Wohlbefinden und Selbstwertgefühl. Zusätzliches Ausdauertraining verbessert den Glucose- und Lipidstoffwechsel und reduziert das kardiovaskuläre Risiko. Krafttraining erhöht durch Zunahme der Muskelmasse den Grundumsatz, wirkt stärker als das Ausdauertraining auf das Gewicht und verbessert Gelenks- und Wirbelsäulenstabilität. 150 bis 300 Minuten Training pro Woche bei mittlerer Intensität sind empfohlen, z. B. mehrmals 30 Minuten schnelles Gehen oder Radfahren. Für eine effiziente Gewichtsreduktion müssen pro Woche 1000 bis 2000 kcal an Bewegungskalorien verbraucht werden [25]. [25]

Verhaltenstherapie

Verhaltenstherapeutische Unterstützung durch Fachpersonal (klinische Psychologen, Psychotherapeuten) ist für die nachhaltige Gewichtskontrolle wesentlich, um realistische Therapieziele zu setzen und diese langfristig zu verfolgen. Durch Selbstbeobachtung und Verhaltensanalyse werden problematische Verhaltensweisen erfasst. Strategien zur Reizkontrolle, Stressbewältigung und soziale Unterstützung sind erforderlich [3]. [3]

Medikamentöse Therapie

Von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) sind derzeit fünf Wirkstoffe bzw. Wirkstoffkombinationen für die Gewichtskontrolle zugelassen.

Tabelle 3: Für die Gewichtsreduktion bei Personen mit Adipositas oder Übergewicht und gewichtsassoziierten Erkrankungen zugelassene Wirkstoffe [3] (Stand 06/24) [3]

Wirkstoffe Handelsnamen
Schweiz (CH), Deutschland (D), Österreich (A), USA
Wirkprinzip, -ort
Orlistat Orlistat 120 mg Kapseln Mepha, Sandoz, Spirig HC (CH)
Xenical (CH, D, A)
Hemmung der Fettabsorption im Darm
Bupropion/Naltrexon Mysimba (D, A) neurochemisch, appetitunterdrückend (Gehirn)
Naltrexon = μ-Opioidrezeptor-Antagonist
Bupropion = Inhibitor der neuronalen Dopamin und Noradrenalin-Wiederaufnahme
Liraglutid Saxenda (CH, D, A, USA) appetitunterdrückend (Gehirn), verzögerte Magenentleerung
Semaglutid Wegovy (CH, D, A, USA) appetitunterdrückend (Gehirn), verzögerte Magenentleerung
Tirzepatid Mounjaro (CH, D, A, USA), Zepbound (USA) appetitunterdrückend (Gehirn), verzögerte Magenentleerung

Eine dreimonatige medikamentöse Adipositastherapie sollte bei Menschen ohne Diabetes einen Gewichtsverlust von mindestens 5 % erzielen, bei Personen mit T2D mehr als 3 %. Werden diese Werte nicht erreicht, sollte die medikamentöse Therapie in Absprache mit dem Arzt abgebrochen bzw. umgestellt werden [3, 20, 25]. [3][20][25]

Bariatrische Chirurgie

Die Swiss Society for the Study of Morbid Obesity and Metabolic Disorders (SMOB) hat für die Schweiz folgende Vorgaben für einen bariatrischen Eingriff formuliert: BMI über 35 kg/m2, Erfolglosigkeit einer adäquat durchgeführten 2-jährigen Therapie zur Gewichtsreduktion, Ausschluss von internistischen und psychiatrischen Kontraindikationen, Durchführung an SMOB-akkreditierten Zentren. Der Roux-en-Y-Magenbypass (RYGB) ist die in der Schweiz am häufigsten durchgeführte bariatrische Operation [27, 28]. [27][28]

Die Patienten müssen aber nach diesem chirurgischen Eingriff postoperativ lebenslänglich nachbetreut werden: Monitoring von Mangelzuständen verschiedener Vitamine und Mikronährstoffe, Kontrolle der Knochendichte, Betazellfunktion, etc. [3, 20, 26, 27]. [3][20][26][27]

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T2D ist mit über 90 % der weltweiten Fälle die häufigste Form von Diabetes mellitus.

Epidemiologie

Hand in Hand mit den weltweit steigenden Adipositas-Zahlen nehmen auch die T2D-Fälle dramatisch zu. Die International Diabetes Federation (IDF) schätzte 2021 im World-Diabetes-Atlas (10th edition) die Zahl der mit Diabetes lebenden Erwachsenen auf 537 Millionen (Prävalenz: 10,5 % der Weltbevölkerung im Erwachsenenalter). Prognostiziert wird ein Anstieg der Zahlen auf 783 Millionen (2045). Dazu kommen noch viele undiagnostizierte Fälle weltweit (Schätzung 2021: 240 Millionen Menschen). Den stärksten Anstieg an T2D findet man in den Regionen Afrika (134 %), Mittlerer Osten (87 %), Südostasien (68 %) und Südamerika (50 %). Das ist darauf zurückzuführen, dass sich besonders auf dem afrikanischen Kontinent westliche Ernährungsformen und westlicher Lifestyle durchsetzen. Ungesunde "Fast-Food"-Ernährung ist zudem oft billiger als hochwertige Nahrungsmittel [29]. Das Schweizer Bundesamt für Statistik gibt an, dass 2022 6,9 % der Männer und 4,0 % der Frauen (jeweils älter als 15 Jahre) von Diabetes mellitus betroffen waren. In der Altersgruppe ab 65 Jahren waren es 2022 rund 16 % der Männer und 9 % der Frauen [30a]. [29][30a][30b]

Definition von (Prä-)Diabetes

Tabelle 4: Definition von (Prä-)Diabetes nach der Schweizer Gesellschaft für Diabetes und Endokrinologie (SGED/SSED) (Legende: oGTT – oraler Glukosetoleranztest)

Prädiabetes Manifester Diabetes mellitus
Nüchternglukose ≥ 5,6 mmol/l, aber < 7,0 mmol/l ≥ 7,0 mmol/l
HbA1c ≥ 5,7 %, aber < 6,5 % ≥ 6,5 %
2-h-Glukose nach 75 g Glukose (oGTT) ≥ 7,8 mmol/l, aber < 11,1 mmol/l ≥ 11,1 mmol/l
Gelegenheitsglukose ≥ 11,1 mmol/l

Leitlinien der Typ-2-Diabetes-Therapie

Nach dem Konsensusreport der Amerikanischen und Europäischen Diabetesgesellschaft zur Behandlung von T2D steht an erster Stelle das Lebensstil-Management mit Gewichtsreduktion und erhöhter körperlicher Aktivität. Gleich danach werden die Patientengruppen aber unterteilt: in Hochrisiko-Patienten mit bekannten kardiovaskulären Erkrankungen oder dem Risiko dafür. Diesem Patientenkollektiv werden Wirkstoffe mit kardiovaskulärem Benefit wie GLP-1-RA ausdrücklich empfohlen. Patienten mit Herzinsuffizienz oder chronischer Nierenerkrankung werden SGLT-2-Hemmer angeraten. Kommt der HbA1c-Wert nicht in den Zielbereich, kombiniert man die GLP-1-RA mit SGLT-2-Hemmern und vice versa. Wenn keine Komorbiditäten vorliegen, wird Metformin als Basistherapeutikum gewählt. Gleich danach – vor allem bei übergewichtigen Patienten – werden SGLT-2-Hemmer oder GLP-1-RA eingesetzt. Auch Tirzepatid (GIP/GLP-1-Agonist) findet man bereits in aktuellen Empfehlungen [31]. [31]

Abbildung 3: Therapiestrategie bei T2D, adaptiert nach SGED. Die Basis bilden Lebensstiländerungen und die Behandlungen von Grunderkrankungen (Hypertonie, Lipidstoffwechselstörungen). Eine frühe Kombinationstherapie ist empfohlen.
Legende: DPP-4-H – DPP-4-Hemmer; GLP-1-RA – GLP-1-Rezeptoragonist; SGLT2-H - SGLT2-Hemmer; SH - Sulfonylharnstoff; * - Bei Patienten mit tiefem bis mässigem kardiovaskulärem Risiko oder ohne Risikofaktoren kann man DPP-4-Hemmer oder Sulfonylharnstoffe anwenden. ** – bei BMI > 28 kassenzulässig.
Abbildung 3: Therapiestrategie bei T2D, adaptiert nach SGED. Die Basis bilden Lebensstiländerungen und die Behandlungen von Grunderkrankungen (Hypertonie, Lipidstoffwechselstörungen). Eine frühe Kombinationstherapie ist empfohlen. Legende: DPP-4-H – DPP-4-Hemmer; GLP-1-RA – GLP-1-Rezeptoragonist; SGLT2-H - SGLT2-Hemmer; SH - Sulfonylharnstoff; * - Bei Patienten mit tiefem bis mässigem kardiovaskulärem Risiko oder ohne Risikofaktoren kann man DPP-4-Hemmer oder Sulfonylharnstoffe anwenden. ** – bei BMI > 28 kassenzulässig.

Laut Schweizerischer Gesellschaft für Endokrinologie und Diabetologie (SGED) sollte immer mit einer Kombination aus Metformin und einem SGLT-2-Hemmer oder einem GLP-1-RA begonnen werden. Metformin wird eingesetzt, weil kein anderes Antidiabetikum die hepatische Glukoseproduktion so markant senkt. Wenn die initiale Zweifachkombination nicht ausreicht, wird eine Dreifachkombination (SGLT-2-Hemmer, GLP-1-RA, Metformin) empfohlen. Diese stellt die beste Option dar, um MACE (major adverse cardiac events, schwere kardiale Komplikationen), Gesamtmortalität und Herzinsuffizienz zu reduzieren. Kommt der HbA1c-Wert auch damit nicht in den Zielbereich, ist eine Insulinbehandlung erforderlich. Neben der Prävention mikro- und makrovaskulärer Komplikationen besteht ein Hauptziel der Diabetesbehandlung darin, das Körpergewicht zu reduzieren. Ab einem BMI von 28 kg/m2 werden die Kosten für eine T2D-Therapie mit GLP-1-RA von der Krankenversicherung in der Schweiz übernommen. Im Gegensatz zu SGLT-2-Hemmern bewirken GLP-1-RA eine substanziellere Gewichtsabnahme und sollten daher bei adipösen Typ-2-Diabetikern bevorzugt eingesetzt werden [32a, 33]. In den aktuellen Österreichischen Diabetes Leitlinien bekommen die GLP-1-RA einen Vorzug gegenüber schnell wirksamen Insulinen als Ergänzung einer Therapie mit Basalinsulin. Das wird mit den vorteilhaften Gewichtseffekten begründet und mit dem geringeren Hypoglykämie-Risiko, was weniger kostenintensive Blutzuckermessungen nötig macht [34]. [32a][32b][33][34]

Bedeutung von Wirkstoffen mit kardiovaskulärem Benefit für die Therapie des T2D

Früher wurde T2D "glukozentrisch" therapiert. Die Senkung des HbA1c-Wertes war das vorrangige Therapieprinzip. Die Hyperglykämie trägt entscheidend zur Pathogenese mikrovaskulärer Komplikationen bei und ist ein Co-Faktor bei der Entwicklung makrovaskulärer Erkrankungen. Der Zusammenhang zwischen Hyperglykämie und Mikroangiopathie ist im Vergleich zur Makroangiopathie aber stärker ausgeprägt und linear. Für die meisten Patienten ist ein HbA1c-Wert unter 7 % für einen ausreichenden mikro- und makrovaskulären Schutz anzustreben. Hypoglykämien sollen aber vermieden werden, daher kann für manche Patienten auch ein HbA1c bis zu 8,0 % als sinnvoll erachtet werden. Neben dem HbA1c stellen die Nüchtern- (unter 7,2, ideal unter 6,1 mmol/l) und die postprandialen Blutglukosekonzentrationen (2 h nach der Mahlzeit maximal 10 mmol/l) sekundäre Richtgrössen für die Therapie dar [34]. Kardiovaskuläre Endpunktstudien haben gezeigt, dass die GLP-1-RA und SGLT-2-Hemmer unabhängig von der Blutzuckerkontrolle direkte kardiorenale Schutz- Effekte haben. Dies führte zu einem Paradigmenwechsel der Therapie. Für Personen mit T2D mit hohem bis sehr hohem kardiovaskulären Risiko stellen entweder SGLT-2-Hemmer oder GLP-1-RA die primäre Behandlungsoption dar [32a]. [32a][32b][34]

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Darm-Hirn-Achse

Ein wichtiger Begriff zum Verständnis für die physiologischen Abläufe von Hunger und Sättigung ist die sogenannte Darm-Hirn-Achse. Dabei handelt es sich um einen bidirektionalen Kommunikationsweg zwischen dem Verdauungstrakt und dem ZNS. Der Signalaustausch erfolgt über verschiedene Kanäle: den Nervus vagus, den Blutweg (über Hunger- und Sättigungshormone) und das Mikrobiom (über kurzkettige Fettsäuren als Stoffwechselprodukte der Darmmikrobiota) [35]. Ein wichtiges Polypeptid, das zu den Neurotransmittern zählt und gemeinsam mit Leptin eine wichtige Rolle bei der zentralen Regulation des Hungergefühls spielt, ist das Neuropeptid Y. Es besteht aus 36 Aminosäuren und wirkt orexigen, also appetitsteigernd. Die Ausschüttung von Leptin führt zu einer verminderten Bildung von Neuropeptid Y im Hypothalamus. [35]

Abbildung 4: Darm-Hirn-Achse als bidirektionaler Kommunikationsweg. Wichtig dabei sind die Blut-Hirn-Schranke (A) und die gastrointestinale Barriere (B), bei der es zu einem Kontakt zwischen der Umwelt (Nahrungsmittel) und dem Darmmikrobiom kommt. Legende: SCFA – Kurzkettige Fettsäuren.
Abbildung 4: Darm-Hirn-Achse als bidirektionaler Kommunikationsweg. Wichtig dabei sind die Blut-Hirn-Schranke (A) und die gastrointestinale Barriere (B), bei der es zu einem Kontakt zwischen der Umwelt (Nahrungsmittel) und dem Darmmikrobiom kommt. Legende: SCFA – Kurzkettige Fettsäuren.

Neuroendokrine Regulation der Nahrungsaufnahme

Der Hypothalamus koordiniert die Appetitregulation. Er erhält Signale aus anderen Hirnregionen über sensorische Faktoren wie das Aussehen einer Speise und ihren Geruch. Aus der Peripherie kommen Informationen über vorhandene Energiedepots und zirkulierende Makronährstoffe. Die Signale aus der Peripherie werden in zwei Gruppen geteilt: Langfristige Signale vermitteln Informationen über das Niveau der Energiespeicher. Das dafür wichtigste Hormon ist Leptin, welches von den Adipozyten des Fettgewebes sezerniert, durch die Blut-Hirn-Schranke transportiert wird und an den Neuronen des Hypothalamus wirkt. Hier beeinflusst es die Sensitivität des Gehirns gegenüber Sättigungssignalen. Bei Patienten mit Adipositas kommt es zu einer Zunahme entzündlicher Prozesse im Hypothalamus, welche als hypothalamische Inflammation bezeichnet wird. Diese führt zu einer Dysfunktion der appetitregulierenden Neuronen und dadurch zu einer Störung der Sättigungsgefühle. Bei Gewichtsverlust unter Diät sinkt der Leptin-Spiegel, dadurch wird wieder mehr gegessen. Daran knüpft die Set-Point-Theorie an, die besagt, dass der Körper nach einer Gewichtsreduktion immer wieder das bisherige Höchstgewicht anstrebt, was durch verminderte Sättigungs- und erhöhte Hungergefühle, die nicht willentlich beeinflussbar sind, erreicht wird [36, 37]. Kurzfristige Signale werden in Abhängigkeit von der Nahrungsaufnahme sezerniert und haben entweder orexigene (Nahrungsaufnahme stimulierende) oder anorexigene (Nahrungsaufnahme hemmende) Wirkungen. Die anorexigenen Hormone werden in neuroendokrinen Zellen des Gastrointestinaltrakts unmittelbar nach der Nahrungsaufnahme produziert und wirken innerhalb kurzer Zeit. Diese Peptide gehören zur Darm-Hirn-Achse und vermitteln dem Hypothalamus Informationen über den Nahrungsinhalt und die Nahrungsmenge [38]. Ghrelin ist ein peripheres, orexigenes Peptid der Darm-Hirn-Achse. Es wird in Zellen des Magenfundus produziert. Die Konzentration von Ghrelin steigt während des Fastens und wird unmittelbar nach Nahrungsaufnahme reduziert. Diese Prozesse sind bei Patienten mit Adipositas gestört [39]. [36][37][38][39]

Tabelle 5: Hormone, die an der peripheren Appetitregulation beteiligt sind [38] [38]

Orexigen (signalisieren Hunger) Anorexigen (vermitteln Sättigung)
Magen: Ghrelin Darm: Peptid YY, GLP-1, Cholecystokinin, Oxyntomodulin
Pankreas: Insulin, Amylin
Fettgewebe: Leptin

Inkretin-Effekt

Orale Glukoseaufnahme bei Gesunden führt zu einer stärkeren Stimulation der Insulinsekretion aus der Bauchspeicheldrüse als eine intravenös Glukoseinfusion, auch wenn die gleichen Plasmaglukose-Konzentrationen erreicht werden. Dieses Phänomen wird als Inkretin-Effekt bezeichnet und basiert darauf, dass oral aufgenommene Glukose im Darm zur Ausschüttung der Inkretinhormone Glucagon-like-Peptide (GLP-1) und glukoseabhängiges insulinotropes Peptid (GIP) führt. Dies passiert nicht bei intravenös zugeführter Glukose. Bei Patienten mit T2D ist der Inkretin-Effekt gestört [40, 41]. Die Inkretine (GIP und GLP-1) werden aus enteroendokrinen Zellen freigesetzt. GIP aus den K-Zellen im oberen Dünndarmabschnitt (Duodenum) und GLP-1 aus den L-Zellen (Jejunum). Studien haben gezeigt, dass GIP zu 44 % Anteil an der glukosestimulierten Ausschüttung von Insulin bei stoffwechselgesunden Personen hat, GLP-1 zu 22 %. Der GIP-Anteil am Inkretin-Effekt ist allerdings bei T2D-Patienten mit hohen Blutglukosewerten deutlich reduziert [41, 42]. Beide Inkretinhormone werden durch das Enzym Dipeptidyl-Peptidase-4 (DPP-4) innerhalb weniger Minuten abgebaut. [40][41][42]

Physiologische Wirkung von GLP-1

Humanes GLP-1 ist ein Peptidhormon bestehend aus 31 Aminosäuren, das nach dem Verzehr von Kohlenhydraten oder fettreicher Nahrung von den L-Zellen des Dünndarms, aber auch von Neuronen im Hirnstamm sezerniert wird. GLP-1 wirkt über GLP-1-Rezeptoren, die an folgenden Stellen exprimiert werden: Hypothalamus, Herz, Betazellen des Pankreas, Nieren, GI-Trakt und Leber. GLP-1 senkt den Blutglukose-Spiegel durch Stimulation der Insulinsekretion bei gleichzeitiger Hemmung der Glukagonsekretion. GLP-1 hat über den GLP-1-Rezeptor eine Reihe von pleiotropen Wirkungen auf andere Organe wie das Herz, Nieren, Leber und Knochen. Am Herz wird die Kontraktilität und der kardiale Output gesteigert. GLP-1 wirkt kardioprotektiv. An den Nieren wird die Diurese und Natriurese gesteigert [44]. [44]

GLP-1-Wirkung im Gehirn

GLP-1 passiert die Blut-Hirn-Schranke und aktiviert Appetitzentren im Hypothalamus und Hirnstamm (humoral pathway). Es stimuliert auch afferente Neuronen des Nervus vagus und sendet neuronale Signale an das Appetitzentrum (neuronal pathway). GLP-1 aktiviert somit Neuronen im Hypothalamus, die für die Regulation von Hunger und Sättigung zuständig sind. Das Hungergefühl wird gehemmt, das Sättigungsgefühl gesteigert [45]. [45]

Pleiotrope Effekte von GLP-1 im Gehirn [44]:

  • Nahrungsaufnahme verringert
  • Lernen und Erinnerung verbessert
  • Neuroprotektion gesteigert
  • Inflammation verringert
  • Belohnungsverhalten verringert
  • Geschmackserlebnis verringert

Physiologische Wirkung von GIP

GIP – ein Polypeptid bestehend aus 42 Aminosäuren – wird als das vernachlässigte Inkretin bezeichnet: Weil es bei T2D-Patienten in physiologischen Dosen kaum Wirkung auf die Insulin-Sekretion gezeigt hat, wurde diesem Darmhormon lange keine Beachtung geschenkt. Heute weiss man, dass GIP auch bei T2D für eine stärkere Insulinfreisetzung sorgt, wenn die Blutglukose zuvor gut eingestellt wird [46, 47]. Die Glukagon-Freisetzung wird durch GIP gefördert, aber nur bei niedrigen Blutglukosewerten, um Hypoglykämien zu vermeiden. Über GIP-Rezeptoren im ZNS wirkt GIP sättigend und antiemetisch. GIP hat keinen Effekt auf die Magenmotilität. GIP fördert im Fettgewebe den Blutfluss und steigert dort auch die Insulinsensitivität. GIP erhöht im subkutanen Fettgewebe die Fett- und Triglyzerid-Speicherkapazität, durch Aktivierung des Enzyms Lipoproteinlipase, welches postprandial dafür sorgt, dass Triglyzeride aus der Blutbahn in die Adipozyten gelangen. Das verhindert Fettablagerung an ektopen Stellen (Leber, Pankreas, Herz) [48]. Die Inflammation durch Adipozytokine (TNF-α, IFN-γ, IL-6) geht unter GIP zurück. Die Konzentration von Adipokinen mit positiven Effekten auf den Glukosestoffwechsel, wie Adiponektin, wird unter GIP erhöht [49]. [46][47][48][49]

Wirkung von Glukagon

Das Peptidhormon Glukagon (29 Aminosäuren) wird in den α-Zellen der Langerhans-Inseln des Pankreas gebildet. Es erhöht den Blutglukosespiegel durch Stimulation der Glukoneogenese und Glykogenolyse in der Leber, weshalb es als Gegenspieler von Insulin bezeichnet wird. Pharmakologisch wird Glukagon als Nasenpulver oder subkutan in Notfallsituationen bei insulinpflichtigen Diabetes-Patienten eingesetzt, um schweren Hypoglykämien entgegenzuwirken. Darüber hinaus hat Glukagon zahlreiche metabolische Eigenschaften. So senkt es das Körpergewicht durch Reduktion der Nahrungsaufnahme, steigert den Energieumsatz durch Stimulation der Thermogenese im braunen Fettgewebe, senkt die Fettmasse durch Stimulation der Lipolyse im weissen Fettgewebe und Inhibition der Lipogenese in der Leber. Glukagon senkt den Cholesterinspiegel durch eine gesteigerte Aufnahme von LDL-Cholesterin in die Leber und hat positiv chronotrope und inotrope Effekte auf das Herz. Die glykämischen Effekte von Glukagon schränken sein pharmakologisches Potenzial zur Behandlung der Adipositas ein, doch können Glukagon-Analoga, die über den Glukagon-Rezeptor wirken, positive Effekte auf das Körpergewicht und den Fettstoffwechsel erzielen [50, 51, 52]. [50][51][52]

Vergleich der Wirkungen von GLP-1, GIP und Glukagon

Tabelle 6: Wirkungen und Wirkorte von GLP-1, GIP und Glukagon (Legende: BG – Blutglukose; s. c. – subkutan) [46, 50, 51, 52] [46] [50] [51] [52]

GLP-1 GIP Glukagon
Langerhans-Inseln Insulinsekretion steigt
(bei hoher BG)
Glukagonsekretion vermindert
(bei hoher BG)
Insulinsekretion steigt
(bei hoher BG)
Glukagonsekretion steigt
(bei niedriger BG)
Magen Entleerung verzögert Entleerung verzögert
ZNS Sättigung
Übelkeit, Erbrechen
Sättigung antiemetisch Sättigung
Energieumsatz steigt
Fettgewebe Insulinsensitivität erhöht
Fettspeicherkapazität s. c. erhöht
Triglyzerid-Speicherkapazität s. c. erhöht
Adipo-Inflammation vermindert
Thermogenese,
Lipolyse gesteigert
Fettmasse verringert
Leber Glykogenolyse,
Glukoneogenese gesteigert
Lipidsynthese verringert
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Der erste GLP-1-RA, der auf den Markt kam, war der Wirkstoff Exenatid, ursprünglich isoliert aus dem Speichel einer Krustenechse. Weitere GLP-1-RA wurden durch chemische Modifikationen entwickelt, mit dem Ziel, eine längere Halbwertszeit durch Bindung an Albumin und Resistenz gegenüber dem abbauenden DPP-4-Enzym zu erhalten. Heute sind vorwiegend GLP-1-RA auf dem Markt, die neben der antidiabetischen und gewichtsreduzierenden Wirkung auch pleiotrope Effekte auf Herz und Nieren haben. GLP-1-RA unter Monotherapie verursachen keine Hypoglykämien. Sie steigern die Insulinsekretion nur bei Bedarf, wenn Kohlenhydrate gegessen werden. Des Weiteren verzögern die Wirkstoffe die Magenentleerung und erzeugen ein längeres Sättigungsgefühl. Dadurch und über die Stimulation der GLP-1-Rezeptoren im Gehirn bewirken sie, dass weniger gegessen wird, was zu einer Gewichtsreduktion führt (je nach Wirkstoff und Dosis unterschiedlich stark).

Art der Anwendung

Die Applikation dieser Wirkstoffe erfolgt subkutan in den Bauch, Oberschenkel oder Oberarm unabhängig von den Mahlzeiten. Dosisanpassungen abhängig von Alter, Nieren- oder Leberfunktion sind nicht notwendig. GLP-1-RA können als Monotherapeutika oder in Kombinationstherapie (mit Metformin, SGLT-2-Hemmern, Glitazonen, Sulfonylharnstoffen oder Insulin) eingesetzt werden. Die Arzneimittel müssen wie Insulin im Kühlschrank aufbewahrt werden. Schon in Verwendung befindliche Pens können vier bis sechs Wochen bei Raumtemperatur gelagert werden (Victoza, Saxenda 4 Wochen; Ozempic, Wegovy 6 Wochen). Für die Applikation werden Pen-Nadeln von 4 bis 8 mm Länge benötigt.

Liraglutid

Liraglutid ist in seiner Aminosäure-Sequenz zu 97 % homolog zu humanem GLP-1 und bindet an GLP-1-Rezeptoren. Durch einen C16-Fettsäure-Rest hat es eine Halbwertszeit von ca. 13 Stunden und muss nur 1-mal am Tag subkutan appliziert werden. Wie GLP-1 stimuliert Liraglutid glukoseabhängig die Insulinsekretion, senkt die Glukagonsekretion, verlangsamt die Magenentleerung und reduziert den Appetit [53]. [53]

Victoza

Seit 2009 ist Liraglutid als Victoza verfügbar zur Behandlung eines unzureichend kontrollierten T2D bei Erwachsenen und Kindern ab zehn Jahren. Aufgrund der gastrointestinalen Nebenwirkungen, die besonders zu Therapiebeginn auftreten können, wird mit einer niedrigen Dosis von 0,6 mg pro Tag gestartet. Frühestens nach je einer Woche kann die Dosis auf 1,2 mg pro Tag und dann auf 1,8 mg gesteigert werden, was die Höchstdosis für die Behandlung von T2D ist. Am Victoza-Pen können die Dosierungen 0,6 – 1,2 – 1,8 mg mit einem Drehknopf eingestellt werden. Wird Victoza mit Insulin oder Sulfonylharnstoffen kombiniert, muss aufgrund der Hypoglykämie-Gefahr die Dosis der Kombinationspartner reduziert werden. Metformin und SGLT-2-Hemmer in Kombination mit Liraglutid können wie gewohnt dosiert werden. Liraglutid ist kontraindiziert in der Schwangerschaft und Stillzeit sowie für Kinder unter 10 Jahren. In der Schweiz erfolgt eine Kostenübernahme für Victoza durch den Krankenversicherer ab einem BMI von 28 kg/m2, nur in Kombinationstherapie mit Metformin, einem Thiazolidindion (Glitazon) oder Insulin.

Xultophy

Das Arzneimittel Xultophy enthält Liraglutid in Kombination mit dem Basalinsulin-Analogon Insulin degludec und ist für Personen mit T2D zugelassen. Xultophy wird 1-mal täglich verabreicht, die Dosierung wird anhand der Nüchternblutglukose angepasst. Die Dosiereinheit von Xultophy wird in Dosisschritten angegeben. Ein Dosisschritt enthält 1 Einheit Insulin Degludec und 0,036 mg Liraglutid. Der Fertigpen kann 1 bis 50 Dosisschritte pro Injektion abgeben. Die maximale Tagesdosis von Xultophy beträgt 50 Dosisschritte (50 Einheiten Insulin Degludec/1,8 mg Liraglutid). Die Dosisanzeige auf dem Pen zeigt die Anzahl der Dosisschritte an [54]. [54]

Saxenda

Für die Therapie der Adipositas ist Liraglutid seit 2015 zugelassen (Saxenda), es werden dabei höhere Dosen verabreicht als bei der T2D-Behandlung [55]. Liraglutid überwindet die Blut-Hirn-Schranke, bindet an GLP-1-Rezeptoren im Hypothalamus und Hirnstamm und ist so für die gewichtsreduzierende Wirkung durch Steigerung des Sättigungsgefühls und Reduktion von Hunger verantwortlich [55, 56]. [55][56]

Saxenda ist als Ergänzung zu einer kalorienreduzierten Ernährung und verstärkter körperlicher Aktivität zur Gewichtsregulierung zugelassen bei:

  • Erwachsenen Patienten mit einem Ausgangs-BMI von ≥ 30 kg/m2 oder ≥ 27 kg/m2 falls zusätzliche gewichtbedingte Begleiterkrankungen vorliegen.
  • Jugendlichen ab 12 Jahren mit einem Körpergewicht ≥ 60 kg und einer Adipositas gemäss den dafür international akzeptierten Grenzwerten.

In Studien verloren adipöse Personen mit Prädiabetes unter Saxenda-Therapie 5 bis 10 % ihres Körpergewichts. Falls Patienten nach 12-wöchiger Behandlung mit einer Dosis von 3,0 mg/Tag nicht mindestens 5 % ihres Körpergewichts verlieren, ist Saxenda abzusetzen. Zu Beginn der Behandlung mit Saxenda wird mit der Dosierung 0,6 mg 1-mal pro Tag gestartet und die Dosis wird, sofern sie vertragen wird, wöchentlich eskaliert in folgenden Schritten: 0,6 mg – 1,2 mg – 1,8 mg – 2,4 mg – 3,0 mg (= Erhaltungsdosis); diese Dosierungen können am Saxenda-Pen mittels Drehknopf eingestellt werden. Die Behandlung bedarf der Kostengutsprache durch den Krankenversicherer nach vorgängiger Konsultation des Vertrauensarztes. Mit den zunehmenden Therapiemöglichkeiten (siehe Semaglutid, Wegovy) ändern sich die Voraussetzungen für die Kostenübernahme stetig (vgl. Spezialitätenliste).

Semaglutid

Semaglutid weist eine 94 %-ige Aminosäure-Sequenzhomologie zu humanem GLP-1 auf. Durch Molekülmodifikationen bindet es nach subkutaner Gabe stark an Plasmaalbumin und wird vom Enzym DPP-4 nicht so schnell abgebaut. Es weist eine lange Halbwertszeit von 165 bis 200 Stunden auf. Das ermöglicht eine 1-mal wöchentliche Gabe. Semaglutid bindet an den GLP-1-Rezeptor und bewirkt eine Verbesserung des Blutglukoseprofils und eine Gewichtssenkung (im Mittel minus 12 %). In Studien wurde gezeigt, dass es bei T2D-Patienten die Rate kardiovaskulärer Ereignisse signifikant senken konnte. Das Risiko einer Retinopathie ist im Vergleich zu Placebo allerdings erhöht [57]. Die häufigsten unerwünschten Wirkungen sind dosisabhängig gastrointestinale Störungen, die durch schrittweise Dosissteigerung minimiert werden können und im Laufe der Therapie abnehmen. Die Evidenz für einen langfristigen Nutzen einer Semaglutid-Therapie bei T2D wird durch eine aktuelle Studie im NEJM 2024 bestätigt. Bei Personen mit bereits bestehender chronischer Nierenerkrankung konnte das Risiko für schwere Nierenschäden, kardiovaskuläre Folgen und Sterblichkeit signifikant gesenkt werden [58]. [57][58]

Ozempic

Seit 2018 ist das Arzneimittel Ozempic von der EMA für die Behandlung von T2D zugelassen. Ozempic wird 1-mal pro Woche zu einem beliebigen Zeitpunkt unabhängig von der Mahlzeit subkutan gespritzt. Der Tag der wöchentlichen Anwendung kann bei Bedarf geändert werden, solange zwischen 2 Dosen mindestens 2 Tage liegen. In der Schweiz ist Ozempic als DualDose- sowie FixDose-Pen zugelassen. Mit dem DualDose-Pen (2 mg/1,5 ml) können Dosen von 0,25 mg oder 0,5 mg appliziert werden. Vor jeder Anwendung muss eine neue Pen-Nadel aufgesetzt werden. Zu Therapiebeginn werden 4 Wochen lang 0,25 mg gespritzt. Bei guter Verträglichkeit kann die Dosis auf 0,5 mg pro Woche, nach weiteren 4 Wochen auf 1 mg (Ozempic FixDose 4 mg/3 ml, 1 mg/Dosis) gesteigert werden. Dies entspricht der Dosierung zur Dauertherapie des T2D. Ab einem BMI von 28 kg/m2 wird Ozempic von den Krankenkassen unter bestimmten Voraussetzungen (vgl. Limitatio) vergütet. Auf der Dosisanzeige der Ozempic-Pens ist die Dosismarkierung in mg angegeben. Das ist sehr wichtig zu beachten, da bereits Fälschungen im Umlauf waren, wo Insulinpens mit der Beschriftung Ozempic verkauft wurden. Bei Insulinpens steht niemals mg beim Dosierrad. Auch die Swissmedic warnt in einem Statement davor, Arzneimittel mit Inkretin-Analoga über nicht autorisierte Distributionskanäle wie das Internet zu erwerben.

Rybelsus

In der Schweiz ist auch ein orales Semaglutid Präparat erhältlich. Rybelsus-Tabletten sind zur Behandlung von T2D zugelassen und enthalten 3 mg, 7 mg bzw. 14 mg Semaglutid. Die Tabletten müssen morgens nüchtern mindestens 30 Minuten vor der ersten Mahlzeit mit bis zu 120 ml Wasser geschluckt werden. Die Tabletten dürfen nicht zerdrückt oder zerkaut werden. Gestartet wird mit 3 mg pro Tag. Die Dosis kann nach 4 Wochen auf 7 mg und weiter auf 14 mg gesteigert werden. Die Bioverfügbarkeit des oralen Semaglutid-Präparats ist bescheiden. Salcaprozat-Natrium (SNAC) wird als Resorptionsvermittler für Semaglutid eingesetzt. Der Wirkstoff wird über den Magen aufgenommen, was ein Grund für die geringe Bioverfügbarkeit ist.

Wegovy

Zur Adipositasbehandlung ist Semaglutid von der EMA seit 2022 als Wegovy zugelassen [59]. Gestartet wird die Therapie mit der Dosierung 0,25 mg pro Woche. Jeweils im 4 Wochen Abstand kann die Dosis eskaliert werden: 0,5 mg – 1 mg – 1,7 mg – 2,4 mg (Erhaltungsdosis). Ein Wegovy-Pen enthält immer 4 Dosen der gleichen Stärke. Für die Kostenübernahme durch den Krankenversicherer gelten spezifische Voraussetzungen (vgl. Spezialitätenliste), z. B. die dokumentierte Einhaltung einer 500 kcal/Tag-Defizit-Diät und belegte körperliche Aktivität motivierter Patienten. [59]

Dulaglutid

Ein weiterer GLP-1-RA zur Behandlung von T2D bei Kindern ab 10 Jahren und Erwachsenen ist Dulaglutid (Trulicity). Dulaglutid ist ein Fusionsprotein aus zwei identischen Ketten, verbunden durch Disulfidbrücken. Die Ketten bestehen aus einem GLP-1-Analogon und einer humanen Fc-Domäne von IgG4. Dulaglutid muss nur 1-mal pro Woche subkutan verabreicht werden. Trulicity ist als Fertigpen erhältlich in der Dosierung 0,75 mg (Startdosis) und 1,5 mg (Erhaltungsdosis). Ein Fertigpen enthält eine Wochendosis. Die Kosten werden durch den Krankenversicherer ab einem BMI von 28 kg/m2 übernommen. Auch Dulaglutid hat einen kardiovaskulären Benefit für Patienten mit T2D [60]. [60]

Lixisenatid, Exenatid

In der Schweiz ist ein weiteres Kombinationspräparat aus dem GLP-1-RA Lixisenatid und Insulin glargin (U100) zur Behandlung von T2D am Markt. Die Bedeutung von Exenatid und Lixisenatid schwindet aber, da diese Wirkstoffe keine kardiovaskulären Benefits für T2D-Patienten haben.

Unerwünschte Wirkungen der GLP-1-RA

Die häufigsten Nebenwirkungen sind gastrointestinaler Natur wie Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö und Obstipation. Durch langsame Dosissteigerung und der Empfehlung, kleine Portionen zu essen, können diese Nebenwirkungen minimiert werden. Auch das Risiko für Gallenstein-Erkrankungen, eine akute Pankreatitis sowie Hypoglykämien bei Patienten, die gleichzeitig Insulin bzw. Sulfonylharnstoffe erhalten, ist erhöht [61]. Des Weiteren sollte auf mögliche Interaktionen Rücksicht genommen werden, da die Magenentleerung verzögert wird und folglich die Resorption anderer oral angewandter Wirkstoffe beeinflusst werden könnte. Vor kurzem warnten Anästhesisten vor potenziellen Komplikationen, wenn langwirksame GLP-1-RA nicht rechtzeitig vor Operationen abgesetzt werden, und es präoperativ zu keiner vollständigen Magenentleerung kommt. Laut einer neueren Publikation im JAMA (2024) ist dieses Problem in der Praxis nicht relevant [62]. Zu den potenziellen Risiken gehört das Auftreten eines medullären Schilddrüsen- und Pankreaskarzinoms. Ersteres beruht auf der Beobachtung bei Nagetieren in präklinischen Studien. Personen mit Schilddrüsenkarzinom in der Anamnese wurden aus den Semaglutid-Studien ausgeschlossen. Die EMA sieht derzeit aber keinen kausalen Zusammenhang für ein Auftreten von Schilddrüsenkarzinomen bei Anwendung von GLP-1-RA. Auch für ein Pankreaskarzinom konnte kein Kausalzusammenhang beim Menschen festgestellt werden [61]. Nach Berichten über Selbstmordgedanken und Selbstverletzungen im Juli 2023 wurden von der EMA weitere Untersuchungen gefordert. Das Pharmakovigilanz Risk Assessment Committee PRAC kam zu dem Schluss, dass die vorliegenden Erkenntnisse keinen kausalen Zusammenhang mit der GLP-1-RA Therapie belegen [63, 64]. GLP-1-RA dürfen aufgrund der in Tierstudien gezeigten Reproduktionstoxizität bei Schwangeren und Stillenden nicht angewendet werden. Bei geplanter Schwangerschaft sollen GLP-1-RA zwei Monate präkonzeptionell abgesetzt werden. In den Medien wurden vor kurzem Schlagzeilen mit "Ozempic-Babies" publik. Semaglutid-Nutzerinnen sollen ungewollt schwanger geworden sein. Der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) liegen bis jetzt keine Spontanmeldungen vor. Es ist aber erwiesen, dass Übergewicht und daraus resultierende metabolische Probleme wie polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS) mit verminderter Fruchtbarkeit einhergehen. Vom Fettgewebe produziertes Estrogen kann den Eisprung verhindern. So ist es denkbar, dass es nach Gewichtsreduktion leichter wird, schwanger zu werden. Auf jeden Fall wird Anwenderinnen von GLP-1-RA geraten, für eine sichere Verhütung zu sorgen (siehe auch Tirzepatid). Gastrointestinale Nebenwirkungen (Erbrechen, Diarrhö) können unter Umständen die Sicherheit einer oralen Empfängnisverhütung einschränken. [61][62][63][64]

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Tirzepatid

Tirzepatid ist der erste GIP-/GLP-1-Rezeptor-Co-Agonist. Es handelt sich dabei um ein Molekül bestehend aus 39 Aminosäuren und einem C20-Fettsäurerest, das von der Struktur her ähnlich dem humanen GIP ist, den GIP-Rezeptor aktiviert, das aber auch als GLP-1-Agonist wirkt. Die Wirkung von Tirzepatid an GIP-Rezeptoren ist vielfach stärker als an GLP-1-Rezeptoren. Neben dem guten Effekt auf den Glukosestoffwechsel durch HbA1c-Senkung bis zu minus 2,58 % und Senkung der Nüchtern- und die postprandiale Blutglukosekonzentrationen haben Studien gezeigt, dass Tirzepatid bei adipösen Patienten einen durchschnittlichen Gewichtsverlust von 21,5 % möglich macht, bei Patienten mit T2D waren es durchschnittlich 15 %. Der Gewichtsverlust ist auf die Aktivierung von GIP- und GLP-1-Rezeptoren im Gehirn zurückzuführen. Tirzepatid senkt das Körpergewicht und die Körperfettmasse durch Verringerung des Appetits [36, 50, 65]. Durch Aktivierung der GIP-Rezeptoren im Fettgewebe hat Tirzepatid auch einen positiven Einfluss auf den Fettstoffwechsel. Gesamtcholesterin-, Triglyzerid- und LDL-Spiegel werden gesenkt. Des Weiteren hat Tirzepatid positive Effekte auf die Leber. Ektope Fetteinlagerungen werden stark reduziert [66]. Die ausreichend lange Halbwertszeit von 116 Stunden ermöglicht eine 1-mal wöchentliche Applikation subkutan in Bauch, Oberschenkel oder Oberarm. Von der EMA ist Tirzepatid als Mounjaro zugelassen für die Behandlung von T2D und Adipositas (BMI ≥ 30 kg/m2) oder Übergewicht mit mind. einer gewichtsbedingten Begleiterkrankung. In der Schweiz [67] ist Mounjaro als 1-Dosis-Fertigpen (jeweils 4 Pens pro Packung) in folgenden Stärken erhältlich: 2,5 mg – 5 mg – 7,5 mg – 10 mg – 12,5 mg – 15 mg. Begonnen wird mit der niedrigsten Dosis, nach 4 Wochen kann auf die nächsthöhere Dosis gewechselt werden. Die empfohlene Erhaltungsdosis beträgt 5 mg, 10 mg oder 15 mg. Der Tag der wöchentlichen Gabe kann, wenn gewünscht, geändert werden, solange der Zeitraum zwischen zwei Applikationen mind. 3 Tage beträgt. Die Dosis kann zu jeder Tageszeit unabhängig von der Mahlzeit verabreicht werden. Mounjaro ist kontraindiziert für Personen unter 18 Jahren, Schwangere, Stillende und Personen mit vorangegangener Pankreatitis. Als unerwünschte Wirkungen können dosisabhängig zu Therapiebeginn gastrointestinale Beschwerden auftreten, akute Pankreatitiden sowie Hypoglykämien nur in Kombination mit Insulin oder Sulfonylharnstoffen. Tirzepatid verursacht eine verzögerte Magenentleerung, der Effekt ist zu Behandlungsbeginn besonders ausgeprägt. Laut europäischer Fachinformation ist eine Dosisanpassung (z. B. bei oralen Kontrazeptiva) nicht erforderlich [67]. In der US-Fachinformation von Zepbound rät man zu einem Wechsel auf eine nicht orale Verhütungsmethode in den ersten 4 Wochen mit Tirzepatid, sowie jeweils zu weiteren 4 Wochen nach jeder Dosissteigerung. Auch zusätzliche Barrieremethoden werden empfohlen. [36][50][65][66][67]

Übersicht über GLP-1-Analoga

Tabelle 7: Zugelassene GLP-1-RA und GIP/GLP-1-RA (*) (Legende: d – Tag; p. o. – peroral; s. c. – subkutan; W – Woche)

Wirkstoff T2D Adipositas Applikation
Liraglutid Victoza Saxenda 1-mal/d s. c.
Semaglutid Ozempic
Rybelsus
Wegovy 1-mal/W s. c.
1-mal/d p. o.
Dulaglutid Trulicity 1-mal/W s. c.
Tirzepatid (*) Mounjaro Mounjaro
Zepbound (USA)
1-mal/W s. c.
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Duale GLP-1-/Glukagon-Co-Agonisten

Unimolekulare Peptid-Wirkstoffe, die sowohl an GLP-1- als auch Glukagon-Rezeptoren binden, sind in klinischer Erprobung. Die Wirkstoffe bekommen die Endung -dutid. Survodutid, Cotadutid und Efinopegdutid sind bereits in Phase II/III-Studien für die Behandlung von T2D und Adipositas und vereinen additiv und komplementär die Effekte von GLP-1 und Glukagon. Survodutid zeigte einen mittleren Gewichtsverlust von bis zu 18 % bei Adipösen und 9 % bei T2D-Patienten. Subkutane Applikation 1-mal pro Woche ist erforderlich. Durch Aktivierung des Glukagon-Rezeptors werden diese Wirkstoffe besonders geeignet zur Behandlung von Fettlebererkrankungen (MAFLD, MASH) sein [51, 68, 69]. [51][68][69]

Tripel-Agonisten

Mittlerweile sind auch Tripel-Agonisten in der Entwicklung, die GLP-1-, GIP- und Glukagon-Rezeptoren stimulieren. Retatrutid ist ein Wirkstoffkandidat in einer Phase-II/III-Studie, in der Patienten einen Gewichtsverlust von bis zu 24 % in 48 Wochen erreichten. Bei T2D konnte eine HbA1c-Senkung von minus 2,2 % und eine Gewichtsreduktion von 16,9 % erzielt werden [69, 70, 71]. [69][70][71]

Orale GLP-1-RA

Auch nicht peptidische Wirkstoffe sind in der Lage, GLP-1-Rezeptoren zu aktivieren. Ein Kandidat in einer Phase-II-Studie für Patienten mit Adipositas ohne T2D ist Orforglipron. In einer Dosierung von 45 mg oral 1-mal täglich eingenommen, verlieren Patienten bis zu 10 % oder mehr Körpergewicht [69, 72]. Orale GLP-1-RA könnten in Zukunft eine kostengünstigere Alternative zu den Spritzen werden. [69][72]

Amylin-Analoga

Amylin ist ein Peptidhormon, das wie Insulin in den Betazellen der Bauchspeicheldrüse gebildet wird. Es hilft, den Blutzucker zu regulieren, verzögert die Magenentleerung und verstärkt das Sättigungsgefühl über Amylin-Rezeptoren im ZNS. In den USA ist ein Amylin-Analogon bei T2D und T1D als Add-on-Therapie zu Insulin zugelassen: Pramlintid [73]. Ein langwirksames Amylin-Analogon Cagrilintid wird in Kombination mit Semaglutid in einer Phase-III-Studie sowohl für den Einsatz bei T2D als auch Adipositas klinisch geprüft und zeigte bei 1-mal wöchentlicher Gabe in Studien einen Gewichtsverlust von bis zu 17 % [74]. [73][74]

GLP-1-Wirkstoffkonjugate

Ein weiterer Ansatz in klinischer Entwicklung ist der Nutzen des GLP-1-Rezeptors als Eintrittspforte für Small Molecules mit Hormonwirkung, die positive Stoffwechselwege anstossen sollen, z. B. Estrogen und Tesaglitazar. Das GLP-1-Wirkstoff-Konjugat bindet an den GLP-1-Rezeptor, wird internalisiert und intrazellulär gespalten. Der Wirkstoff erreicht so den Zellkern und reguliert die Genexpression nur in GLP-1-affinen Zellen [75]. GLP-1-RA können auch mit zentral wirksamen Molekülen wie einem NMDA-Rezeptor-Blocker fusioniert werden, um diesen gezielt zu appetitregulierenden Neuronen zu bringen [76]. [75][76]

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Ohne Zweifel kann man die vorgestellten Wirkstoffe als "Game-Changer" auf dem Gebiet der Adipositas- und T2D-Behandlung bezeichnen. Dass eine T2D-Therapie lebenslang durchgeführt werden muss, sofern keine völlige Remission durch Lebensstiländerung und Gewichtsreduktion gelingt, versteht sich von selbst. Immer wieder wird die Frage gestellt, was passiert nach erfolgreicher Gewichtsabnahme bei der Adipositas-Therapie? Studien mit Semaglutid [77] und Tirzepatid [78] haben gezeigt, dass es nach Absetzen der Medikation zur Gewichtszunahme kommt. Daher werden Adipositas-Patienten diese Medikamente aus heutiger Sicht dauerhaft anwenden müssen. Die Krankenversicherer wären gut beraten, die Adipositas-Therapie langfristig zu finanzieren, um die Folgekosten der Komorbiditäten zu vermeiden. Inkretin-Analoga können off label auch bei Typ-1-Diabetes eingesetzt werden, vor allem bei adipösen Patienten, die Probleme mit der Insulinsensitivität und gestörtem Hunger- und Sättigungsgefühl haben [79]. Vom Off-Label-Einsatz bei nicht adipösen Personen zum schnellen Erreichen der Bikini-Figur muss durch die Apotheker:innen kategorisch abgeraten werden, da nach Absetzen der Medikation der Körper danach strebt, das ursprüngliche Körpergewicht wieder zu erreichen. Des Weiteren müssen Anwender aufgeklärt werden, dass nicht nur Fett- sondern auch Muskelmasse verloren geht [80]. Vor allem in Zeiten von Lieferengpässen sollten die Wirkstoffe den Patienten zur Verfügung stehen, die sie dringend benötigen. Keinesfalls darf die Bedeutung der Adipositas-Prävention vergessen werden, nur weil es jetzt hochwirksame Medikamente zur Adipositas-Therapie gibt [81]. Die pharmakologische Therapie muss immer von Lebensstil-Interventionen begleitet werden und ersetzt diese nicht. [77][78][79][80][81]

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[3] Konsensuspapier der Österr. Adipositasgesellschaft Österreichische Adipositasgesellschaft Wien Klin Wochenschr 2023 [zugegriffen am 19.06.24]
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